Flugangst

Angst ist ein ganz natürlicher, physiologischer Prozess, der bei Gefahr eingesetzt wird, als eine körperliche Reaktion, die im Überlebenskampf sinnvoll ist, aber oft im falschen Moment auftaucht. Was passiert dabei im Körper? Die Muskulatur spannt sich an, bestimmte Gehirnzentren produzieren Adrenalin, Blutdruck und Herzfrequenz steigen an, das Denken ist beschleunigt: Der Körper wird vorbereitet auf Kampf oder Flucht. Es gibt einen Anteil im Nervensystem des Menschen, der glaubt: Es geht hier um mein Überleben, und das ist jetzt in Gefahr.

Ob tatsächlich eine Gefahr besteht oder nicht, entscheidet aber nicht der Verstand: Der Anteil, der die Gefahr meldet, ist im Zwischenhirn wirksam, und deswegen haben Bewusstsein und Vernunft keinen Zugriff auf diesen Anteil; wir können ja auch unseren Herzschlag nicht mit dem Bewusstsein steuern.

Vor einem freilaufenden Löwen z.B. hat jeder Mensch Angst. Wie kommt es aber, dass einer Flugangst hat, ein anderer dagegen nicht? Das Zwischenhirn reagiert mit einem einfachen Reiz/Reaktions – Muster auf wahrgenommene Reize, ob diese nun tatsächlich vorhanden sind oder nur in unserer Vorstellung bestehen. Daher beginnt die Angst oft, lange bevor wir dem Objekt begegnen; sie ist aber ebenso real: Wirklichkeit ist das, was wirkt!

Körperliche Anzeichen von Angst werden solange ignoriert wie möglich, vor allem werden sie vor anderen verborgen: Keiner soll merken, dass man Angst hat. Dabei verspannt man sich, hält die Luft an, die Gedanken werden immer schneller und kreisen ausschließlich um das Objekt der Phobie – genau so steigert man sich immer wieder in die Angst hinein. Where attention goes, energy flows.
Deswegen ist die Ablenkung so beliebt: Wenn man an etwas anderes denkt, telefoniert oder fernsieht, sind die Gedanken woanders, und die Angst lässt nach, der Körper kann sich entspannen. Das Problem ist aber nicht gelöst! Bei der nächsten Gelegenheit bricht die Angst wieder aus.

Dabei läuft immer der gleiche Film ab: innere Bilder, innerer Dialog, sich steigerndes Gefühl von Angst. Nach außen tut man so, als wäre nichts. Das Gefühl wird solange unterdrückt und bekämpft, bis es einen bestimmten Schwellenwert überschritten hat; dann kommt die Angstattacke, man fühlt sich ausgeliefert, und sucht Hilfe genau dann, wenn der Kontrollverlust einsetzt.
Die Hilfe muss aber viel früher einsetzen: In der Behandlung einer Flugangst mit NLPt fokussieren wir mehr auf die inneren Bilder und den inneren Dialog; das sind nämlich die beiden Komponenten, die die Angst auslösen. Also können wir sie von hier aus am besten verändern: Wir reagieren nicht auf die Welt, sondern auf das Modell, das wir von der Welt haben.
Sobald man sich vorstellt, im Flugzeug zu sitzen, ändert sich der Zustand deutlich: Man zeigt sofort alle Anzeichen einer Phobie, ob zuhause, auf der Arbeit, oder in der therapeutischen Praxis.

Die Behandlung läuft prinzipiell so ähnlich ab wie bei der Prüfungsangst: Der Klient versetzt sich gedanklich in eine Situation, in der er sich immer gut fühlt, kraftvoll, entschlossen, mutig, lebendig: z.B. beim Sport, bei der Arbeit, bei der Bewegung in der Natur, etc. In derartigen Situationen hat man meist genau die körperlichen und mentalen Ressourcen zur Verfügung, die man zur Bewältigung der Flugangst bräuchte.
Kraft, Mut und Entschlossenheit sind als Gegengewicht zur Angst viel besser geeignet als die so oft bemühte „Entspannung“; diese ist zwar das Ziel der therapeutischen Arbeit, sie ist aber nicht der Weg um dorthin zu gelangen.
Unter Entspannung versteht man allzu oft: entspannt am Strand liegen, nichts tun, passiv sein. Aber: Passivität ist geradezu eine Einladung für die Angst, sich des Körpers zu bemächtigen, erst über die Gedanken („Angst vor der Angst“), über den inneren Dialog, die inneren Bilder, Unterdrückung des Atmens, Anspannung, ….
Von der sicheren Position der Kraft ausgehend, mit dem Gefühl von Ruhe, Souveränität, zentriert sein, lässt sich dann Schritt für Schritt die Strategie untersuchen, mit der man sich immer in die Flugangst hineinsteigert: Bereits die leisesten körperlichen Begleiterscheinungen der Angst werden wahrgenommen und verändert. Das geschieht durch die Beobachtung und Veränderung des inneren Dialogs und der inneren Bilder. Bei jedem noch so kleinen Anzeichen von Angst wird sofort gegengesteuert: Ich als therapeutischer Begleiter achte darauf, dass der Klient ruhig weiteratmet, Festigkeit und Mut in seiner körperlichen Mitte spürt, während er sich den ängstigenden inneren Bildern aussetzt. Auf diese Weise lernt der Klient, Stück für Stück näher heranzugehen an die angstauslösende Situation, und dabei angstfrei zu bleiben.

Ziel ist es, dass der Klient sich vorstellen kann, im Flugzeug zu sitzen und ruhig aus dem Fenster zu schauen, zu starten, durch Turbulenzen zu fliegen und wieder zu landen. Wenn das in der Vorstellung gelungen ist, muss man nicht mehr angestrengt versuchen, jeden Gedanken an die Flugangst zu vermeiden, sondern kann sich jederzeit vorstellen, entspannt im Flugzeug zu sitzen. Dadurch gewöhnt sich das Nervensystem daran, dass Fliegen nicht gefährlicher ist als Autofahren – und Fliegen ist ist kein Problem mehr: Sie werden überrascht sein, wie leicht es Ihnen bald fällt, einen Flug zu buchen und tatsächlich zu fliegen.