Aaron Antonovsky

Er war Professor für Soziologie, und emigrierte mit seiner Frau 1960 nach Israel. Er untersuchte Frauen, die im KZ interniert waren, und stellte fest, dass sich fast 30 % von ihnen trotz der erheblichen Traumatisierung in einem guten mentalen Zustand befanden, Gefühle erleben konnten, arbeiteten, in einer Familie lebten und sich selbst als zufrieden und stabil bezeichneten. Er fragte sich, wie das sein konnte, und was genau dem Menschen ermöglicht, gesund zu sein.

Er entwickelte das Konzept der Salutogenese, also der Entstehung und Aufrechterhaltung von Gesundheit; das wesentliche Element dabei nannte er Kohärenz. Um diese zu erreichen, muss der Mensch 3 unterschiedliche Dinge erleben, und diese sollten sich etwa im Gleichgewicht befinden.

Den ersten dieser Faktoren nannte er manageability, was wir mit Handhabbarkeit übersetzen können; umgangssprachlich sagen wir: Ich kann selbst etwas für mich tun, ich kriege das in den Griff, ich habe das in der Hand. Den zweiten Faktor nannte er comprehensibility, also Verstehbarkeit: Das Geschehen um uns sollte einer Logik folgen, und möglichst vorauszuberechnen sein. Den dritten Faktor nannte er meaning, also Bedeutung und Sinn.

In der heutigen Zeit werden meistens die ersten beiden Faktoren stark überbetont, vor allem auch in der Ratgeberliteratur; alles muss man richtig machen, alleine können. Alles muss verstanden werden, alles muss man wissen, andauernd wird alles erklärt. Aber: Der dritte der Faktoren wird heute stark vernachlässigt, und genau deswegen erleben sich heute so viele Menschen im Ungleichgewicht. Burnout ist z.B. eine Folge des massiven Übergewichts von „ich weiß doch, wie es sein müsste“, „ich kann alles selbst schaffen“ und „ich muss das in den Griff kriegen“. Dabei ist vielen jegliches Gefühl von Sinnhaftigkeit abhanden gekommen.

„Der Mensch auf der Suche nach dem Sinn“ ist ein wichtiges Buch des österreichischen Psychotherapeuten Victor Frankl, selbst ein Überlebender des KZ.